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Die Bundesregierung plant Vorgaben für Rechenzentren in Bezug auf Energieeffizienz, erneuerbare Energien sowie Veröffentlichungs- und Transparenzpflichten von 2023 an

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  • Energy and infrastructure

02-11-2022

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat einen Referentenentwurf für ein “Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz, Verbesserung des Klimaschutzes im Immissionsschutzrecht und zur Umsetzung von EU-Recht” (Energieeffizienzgesetz, EnEfG) vorgelegt. Wenn dieser Entwurf verabschiedet wird, sind erhebliche Auswirkungen auf die Betreiber und Nutzer von Rechenzentren zu erwarten:

Energieeffizienzanforderungen

Rechenzentren, die ab dem 1. Januar 2025 den Betrieb aufnehmen, werden

  • eine geplante Effektivität des Stromverbrauchs (Power Usage Effectiveness), d. h. ein Verhältnis zwischen dem Energiebedarf des gesamten Rechenzentrums und dem Energiebedarf der Informationstechnik, von höchstens 1,3 einhalten, und
  • einen geplanten Anteil an wiederverwendeter Energie (Energy Reuse Factor) von mindestens 30% aufweisen müssen.

Diese Anforderungen müssen spätestens zwei Jahre nach Inbetriebnahme im Jahresdurchschnitt erreicht und danach dauerhaft eingehalten werden. Der Mindestanteil an wiederverwendeter Energie soll für Rechenzentren, die vom 1. Januar 2027 an in Betrieb genommen werden, auf 40% steigen.

Rechenzentren, die ab dem 1. Januar 2024 in Betrieb genommen werden, dürfen nach dem Entwurf bei der Luftkühlung von Informationstechnik eine Eintrittstemperatur von 27°C nur dann unterschreiten, wenn dies ohne Einsatz einer Kälteanlage erreicht wird. Diese minimale Eintrittstemperatur ohne Einsatz von Kälteanlagen beträgt für Rechenzentren, die vor dem 1. Januar 2024 den Betrieb aufnehmen, 24°C, vom 1. Januar 2028 an 27°C.

Betreiber von Rechenzentren werden keine Verträge abschließen oder verlängern dürfen, die im Widerspruch zu diesen Effizienzanforderungen stehen.

Als “Rechenzentrum” gelten Gebäude für die Unterbringung, Verbindung und den Betrieb von Geräten der Informationstechnologie und Netzwerktelekommunikation zur Speicherung, zur Verarbeitung und zum Transport von Daten, sowie die zur Erbringung und Sicherung dieser Leistungen erforderlichen Anlagen mit einer elektrischen Nennanschlussleistung von mindestens 100 kW. “Betreiber von Informationstechnik” sollen juristische Personen sein, die in einem Rechenzentrum als Eigentümer oder „mit vergleichbaren Nutzungsrechten“ Informationstechnik mit einer Leistung von 50 kW oder mehr betreiben.

Pflicht zur Nutzung ungeförderten elektrischen Stroms

Rechenzentren werden Strom aus erneuerbaren Anlagen beziehen müssen, der keine Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz oder anderweitig im Sinne der Erneuerbare-Energien-Richtlinie vom 11. Dezember 2018 erhalten hat (“ungeförderter Strom”),

  • vom 1. Januar 2024 an in Höhe von mindestens 50 % ihres Bedarfs,
  • vom 1. Januar 2025 an für ihren gesamten Bedarf.

Abwärmenutzung

Alle Unternehmen mit einem durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh im Jahr sollen verpflichtet werden, Abwärme nach dem Stand der Technik zu vermeiden, die anfallende Abwärme auf den Anteil der technisch unvermeidbaren Abwärme zu reduzieren und durch Nutzung wiederzuverwenden, ob im eigenen Betrieb, auf dem Betriebsgelände oder durch Lieferung an Dritte. Soweit eine vollständige Abwärmenutzung bei Inkrafttreten des Gesetzes nicht möglich oder nicht zumutbar ist, werden diese Unternehmen die technischen Möglichkeiten schaffen müssen, um bis spätestens Ende 2028 die Abwärme vollständig zu nutzen.

Auf Anfrage müssen solche Unternehmen Nah- und Fernwärmebetreibern oder anderen möglichen Wärmeabnehmern sowie der Bundesstelle für Energieeffizienz über die Wärmemengen, die maximale Wärmeleistung, die zeitliche Verfügbarkeit, die Möglichkeiten zur Regelung von Temperatur, Druck und Einspeisung sowie über Preise Auskunft geben. Diese Pflichten sollen auch für Rechenzentren gelten. Die Bundesstelle für Energieeffizienz ist beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) angesiedelt.

Betreiber von Rechenzentren sollen darüber hinaus die im Rechenzentrum anfallende unmittelbare Abwärme auf der Internetseite ihres Unternehmens und gegenüber der „zuständigen“ – wohl nächstgelegenen – Gemeinde sowie gegenüber dem Betreiber des nächstgelegenen Wärmenetzes ausweisen. Auf Anfrage werden sie die Preise auch für die von solchen möglichen Abnehmern nachgefragten Temperatur- und Verfügbarkeitsniveaus angeben müssen.

Energie- und Umweltmanagementsysteme für Rechenzentren

Betreiber von Rechenzentren müssen nach dem Entwurf spätestens bis 1. Januar 2025 ein Energie- oder Umweltmanagementsystem einrichten. Wenn das Rechenzentrum eine Nennanschlussleistung von einem MW oder mehr hat, muss das Energiemanagementsystem zertifiziert oder das Umweltmanagementsystem nach der VO (EG) 1221/2009 validiert sein. Dies gilt entsprechend vom 1. Januar 2025 an für die Betreiber von Informationstechnik mit einer Informationstechnikleistung von mindestens 500 kW.

Niedrigere Schwellenwerte von 100 kW sollen für Rechenzentren und Informationstechnik „öffentlicher Träger“, wohl staatlicher Stellen, einschlägig sein.

Offenlegungspflichten für Betreiber von Rechenzentren und Informationstechnik

Betreiber von Rechenzentren und von Informationstechnik sollen verpflichtet werden, jährlich bestimmte Informationen über das Rechenzentrum, seinen Energieverbrauch und die anfallende Abwärme, oder über ihre Informationstechnik zu übermitteln. Einige Informationen sollen veröffentlicht, andere, sensiblere, zur Berechnung abgeleiteter Kenngrößen und zur Einsichtnahme für Behörden, gespeichert werden.

Außerdem sollen Betreiber von Rechenzentren, die Dienstleistungen für Kunden anbieten, verpflichtet sein, vom 1. März 2023 an diesen Kunden die ihnen direkt zuzuordnenden Energieverbräuche pro Jahr und den ihnen nach den Verbrauchsanteilen zuzuordnenden Energieverbrauch der technischen Infrastruktur des Rechenzentrums darzustellen. Betreiber von Co-Location-Rechenzentren müssen ferner vom 1. Januar 2023 an sicherstellen, dass die Verträge über die Co-Location Anreize zum Energiesparen und zur energieeffizienten Nutzung von Informationstechnik bieten.

Ausblick

Der Referentenentwurf des BMWK muss noch mit weiteren Ministerien abgestimmt, vom Kabinett beschlossen und anschließend im Parlament verabschiedet werden. Handwerklich ist der Entwurf noch stark verbesserungsfähig.

Branchenverbände wie die German Datacenter Association e. V. (GDA) oder Bitkom e. V. als Organisation des IT-Sektors, haben bereits protestiert. Sie kritisieren,

  • Rechenzentren in Deutschland würden noch mehr durch hohe Energiepreise benachteiligt werden,
  • die Effizienzvorgaben kämen für langjährig geplante Rechenzentren zu kurzfristig, und
  • die Wärmenetze und -versorgungseinrichtungen in Deutschland seien nicht auf die Aufnahme von Abwärme von Rechenzentren ausgerichtet.

Wenn der Entwurf Gesetz wird, werden Betreiber und Nutzer von Rechenzentren sowie ihre Geschäftspartner Pläne und Verträge ändern müssen, und sie werden auch Vereinbarungen zum Strombezug anpassen müssen.